ITALIEN
Alpentrip im Stile der 30er
Da die Bikes im Alltag gut liefen kam die Idee auf, mal eine Urlaubstour damit hinzulegen.
Ok, wir waren schon in den Alpen, damals mit XT500, später mit Triumph und BMW, Pässe fahren. Aber diesmal ging es nicht um Schnelligkeit.
Irgendwann kam zu diesem Thema mal eine Oldtimer Markt raus.
Davon haben wir uns inspirieren lassen und haben das dann einfach mal gemacht.
...obligatorisch mit authentischem Kartenmaterial und ohne Navi...
man wird sich doch mal verfahren dürfen...
2012 noch mit dem Autoreisezug von Berlin nach Bozen. Im Zug einige Bekannte und Gleichgesinnte getroffen und ordentlich gefeiert im Speisewagen.
Die anderen Kollegen wollten mit ihren abgespeckten BMW GS und KTM weiter nach Albanien um dort auf unbefestigten Wegen abzuheizen, wir hatten uns ein paar Schotter Routen bei Denzel ausgesucht. ...Relativ entspannt in Bozen angekommen und rauf aufs Bike, den ersten Pass hoch... Nach 3 km ging der erste Motor fest. Angehalten, ok, das wars.
Erstmal Ernüchterung. Doch nach einer Zigarettenpause lief das Ding wieder anstandslos. Pausen sollten wir in diesem Urlaub noch mehrere machen.
Noch am gleichen Tag verabschiedete sich die Lichtmaschine an Winnes Bike. Ich glaub ein Lager hatte gefressen und seitdem bevorzuge ich Limas mit zwei Kugellagern...Winne hat dann im Laufe des Trips ein Gespür dafür entwickelt, wann der Motor kurz davor war, zu klemmen. Und da haben wir dann eben angehalten. Meistens war die Aussicht auch schön.
Km mäßig sieht das so aus, dass man nicht unbedingt viele macht. Wir haben uns einen Spaß daraus gemacht, den abenteuerlichsten Weg und die umständlichsten Routen zu finden. Manchmal sind wir am Abend einfach nur im nächsten Tal angekommen, gefühlte 300km...in Wirklichkeit waren es vielleicht 150 und Luftlinie ca 20.
Je abgelegener es wurde und wann immer man auf Einheimische traf, war uns der Respekt sicher. Die Italiener sind eben auch in Sachen Motorräder stilsicher...
Noch interessanter wurde es, wenn sog. Enduristen, die sich mit ihrer GS den Pfad hochgekämpft hatten, auf uns trafen. Die konnten das dann schon gar nicht glauben, dass es ein paar Freaks aus Berlin mit ihrem Weltkriegsschrott überhaupt bis hierhin geschafft hatten...Es war immer wieder erfrischend, in die Gesichter erstaunter BMW GS Piloten zu sehen.
Unter folgendem Link sind Bilder von unserem ersten Trip zu sehen...
Die Maschinen sind auch nicht gerade Leichtgewichte, aber die 12PS werden trotzdem mit den 180kg fertig. (unbeladen...)
Durch den niedrigen Schwerpunkt sind die BSAs doch ganz schön handlich. Das merkten wir vorallem bei Abfahrten...Die Motoren sind nahezu unverwüstlich. 500ccm bei einer Verdichtung von 4,8:1. Wichtig ist nur, dass bei einer Motorüberholung die richtigen Kolben eingebaut werden und das Laufspiel eher grosszügig bemessen wird...
Man ist eben etwas langsamer unterwegs und kann die Natur geniessen. Einmal waren wir allerdings so langsam, dass wir aufgegeben haben. Die Steigung war über 20% und wir mussten alle 200m anhalten. Mit der Originalübersetzung war das nicht mehr drin. (Die Strecke war Teil der Giro d Italia und hiess "Tor zur Hölle", oder so ähnlich...)
Bei einem anderen Trip sind wir zu zweit mit Gepäck (!) die Dörfer an der ligurischen Steilküste abgefahren...Dazu hab ich die Primärübersetzung um zwei Zähne reduziert...unglaublich, wir konnten beim Bergauf fahren sogar bis in den dritten Gang hochschalten und Fussgänger überholen.
Gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt der Natur gegenüber sind wichtig,
Wir sind einmal von einer Gruppe aggressiv fahrender Enduristen so knapp überholt worden, dass Steffen beim Ausweichen über einen Stein fahren musste, ausgehobelt wurde und unter dem Motorrad liegenblieb. Als wir nach einer Minute zu ihm kamen lief ihm immer noch heisses Öl übers Bein und wir mussten Ihn schnell aus dieser Lage befreien.
Er hatte zum Glück nicht viel abbekommen, aber die Maschine musste den Rest des Trips ohne Licht fahren und dank Motorschutzblech wurde der Motorblock nicht zertrümmert. Von den Anderen hatte keiner angehalten und wir waren über diese Rücksichtslosigkeit sehr aufgebracht. das hätte richtig schief gehen können.
Bei einem guten Essen und einer leckeren Flasche Wein war der Ärger aber Abends wieder vergessen.
Ein riesen Highlight war natürlich die Bezwingung der "ligurischen Grenzkammstrasse"; eine der höchsten Pass Strassen der Alpen überhaupt. (über 2000m hoch und ca.70 bis 80 km lang). 2012 war diese allerdings noch in teils abenteuerlichem Zustand und verlangte vollen Einsatz. Belag nur Schotter oder Fels, ausgewaschene Passagen, keinerlei Absicherung. Reduzierung des Luftdrucks in den Reifen ergibt hier einen höheren Fahrkomfort und mehr Grip. (1,2bar) Unsere Motorschutzplatten haben da einiges abgefangen. Wir hatten allerdings mit gerissene Bremszügen und Platten zu kämpfen. Beim Bergab fahren sollte man eben wieder auf Normaldruck gehen.
Die ehemalige Militärstrasse wurde 2014 renoviert und man kann nun problemlos mit jedem Strassenmotorrad drüberfahren...
Insgesamt waren wir jeweils eine Woche unterwegs und haben letztendlich um die 1500km abgespult….Dank Denzels Alpenstrassenführer (ohne Navi) meistens mit schöner Aussicht und Schotter unterm Reifen.
Wir wurden auch schon von Carabinieri angehalten, die sich eigentlich nur die Maschinen anschauen wollten. "..is that Steve mc Queen, Big Escape?"
Auch in Berlin ist mir das schon ein paar mal passiert...
Der Behördenmief einer M20 liegt hängt eben nach 70 Jahren immer noch in der Luft.
Gerade bei älteren Mitbürgern lösen die Maschinen emotionale Begeisterung aus. Wir wurden schon spontan zu einer Flasche Wein, oder zum Mittagessen eingeladen. ...Und da kommen dann Geschichten raus...davon später.
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Hier noch ein schöner Film vom BSA-trip 2015, den wir mit vier Bikes gemacht haben...